Die einvernehmliche Scheidung gilt als der einfachste und kostengünstigste Weg, eine Ehe rechtlich zu beenden. Sie setzt voraus, dass sich die Ehepartner in den wesentlichen Punkten einig sind – insbesondere in Fragen zum Unterhalt, Sorgerecht, Umgangsrecht und zur Vermögensaufteilung. Doch was bedeutet „einvernehmlich“ genau? Welche Schritte sind erforderlich, und wie läuft das Verfahren ab? Dieser Beitrag gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die rechtlichen Grundlagen, den Ablauf und die Vorteile der einvernehmlichen Scheidung.
Was bedeutet eine einvernehmliche Scheidung?
Eine einvernehmliche Scheidung liegt vor, wenn beide Ehepartner der Scheidung zustimmen und die notwendigen Regelungen einvernehmlich treffen. Dies unterscheidet sie von der strittigen Scheidung, bei der Streitigkeiten vor Gericht geklärt werden müssen. Die einvernehmliche Scheidung ist in § 1566 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt, wonach eine Ehe geschieden wird, wenn sie „gescheitert“ ist und beide Partner das bestätigen.
Welche Voraussetzungen gelten für die einvernehmliche Scheidung?
1. Trennungsjahr
Das gesetzliche Trennungsjahr ist die wichtigste Voraussetzung für jede Scheidung. Während dieser Zeit müssen die Ehepartner getrennt leben, was auch innerhalb der gemeinsamen Wohnung möglich ist. Entscheidend ist, dass keine gemeinsame Haushaltsführung oder eheliche Lebensgemeinschaft mehr besteht (§ 1567 BGB).
2. Einigkeit über die Scheidungsfolgen
Die Ehepartner müssen sich über die sogenannten Scheidungsfolgen geeinigt haben. Dazu gehören:
- Unterhalt: Klärung von Ansprüchen auf Trennungs- und nachehelichen Unterhalt.
- Sorgerecht und Umgangsrecht: Vereinbarungen über die Betreuung gemeinsamer Kinder.
- Vermögensaufteilung: Regelung der Aufteilung von gemeinsamem Eigentum und Schulden.
- Versorgungsausgleich: Einigung über die Aufteilung der Rentenanwartschaften.
Diese Einigung kann schriftlich festgehalten oder in einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung dokumentiert werden.
3. Zustimmung beider Partner
Beide Partner müssen der Scheidung zustimmen und diese gemeinsam beantragen oder zumindest der Klage des anderen nicht widersprechen.
Wie läuft eine einvernehmliche Scheidung ab?
1. Antragstellung
Der Scheidungsantrag wird in der Regel von einem Anwalt gestellt. Es genügt, wenn ein Ehepartner anwaltlich vertreten ist; der andere kann dem Antrag zustimmen, ohne selbst einen Anwalt zu beauftragen. Dies spart Kosten.
2. Gerichtliche Prüfung
Das zuständige Familiengericht prüft, ob die Voraussetzungen für die Scheidung erfüllt sind – insbesondere das Trennungsjahr und die Einigkeit der Partner. Hierfür sind folgende Unterlagen erforderlich:
- Heiratsurkunde.
- Geburtsurkunden gemeinsamer Kinder.
- Einkommensnachweise (zur Klärung des Versorgungsausgleichs).
- Eventuell eine Scheidungsfolgenvereinbarung.
3. Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich, also die Aufteilung der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften, ist ein zwingender Bestandteil des Scheidungsverfahrens (§ 1587 BGB). Er kann jedoch ausgeschlossen werden, wenn die Ehe nur von kurzer Dauer war (unter drei Jahren) und beide Partner darauf verzichten.
4. Scheidungstermin
Beim Scheidungstermin vor dem Familiengericht bestätigen beide Partner ihre Zustimmung. Der Richter stellt fest, dass die Ehe gescheitert ist, und spricht die Scheidung aus. Der Termin dauert in der Regel nur wenige Minuten.
Welche Kosten entstehen bei einer einvernehmlichen Scheidung?
Die Kosten der einvernehmlichen Scheidung sind deutlich geringer als bei einer streitigen Scheidung, da nur ein Anwalt notwendig ist und das Verfahren schneller abgeschlossen wird. Die Gesamtkosten setzen sich aus Anwaltskosten und Gerichtskosten zusammen. Diese hängen vom sogenannten Verfahrenswert ab, der sich an den Einkünften und dem Vermögen der Ehepartner orientiert.
Ein Beispiel: Bei einem Verfahrenswert von 6.000 Euro liegen die Anwaltskosten bei etwa 1.000 Euro und die Gerichtskosten bei rund 300 Euro. Die Kosten können geteilt werden, wenn beide Partner sich darauf einigen.
Welche Vorteile bietet die einvernehmliche Scheidung?
1. Zeitersparnis
Eine einvernehmliche Scheidung ist meist schneller abgeschlossen, da keine aufwendigen Streitigkeiten vor Gericht geklärt werden müssen.
2. Kostensenkung
Die Reduzierung auf einen Anwalt und die schnelle Verfahrensabwicklung führen zu geringeren Kosten.
3. Schonung der persönlichen Beziehung
Da die Konflikte bereits vorab geklärt sind, bleibt das Verfahren sachlich und belastet die Beziehung zwischen den Ehepartnern – vor allem im Hinblick auf gemeinsame Kinder – weniger.
4. Selbstbestimmung
Durch die Einigung behalten die Ehepartner die Kontrolle über wichtige Entscheidungen und vermeiden, dass das Gericht über ihre Belange entscheidet.
Welche rechtlichen Herausforderungen können auftreten?
1. Streit über die Scheidungsfolgen
Kommt es doch zu Meinungsverschiedenheiten, etwa über den Unterhalt oder die Vermögensaufteilung, kann dies die Scheidung verzögern. In solchen Fällen empfiehlt sich eine Mediation, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.
2. Fehlerhafte Scheidungsfolgenvereinbarungen
Eine Scheidungsfolgenvereinbarung, die ohne anwaltliche Beratung erstellt wurde, kann fehlerhaft sein und später zu Streitigkeiten führen. Daher ist eine notarielle Beurkundung ratsam.
3. Versorgungsausgleich bei komplexen Vermögensverhältnissen
Der Versorgungsausgleich kann bei selbstständigen Partnern oder komplizierten Rentenmodellen schwierig werden. Hier sollte ein Fachanwalt hinzugezogen werden.
Zukunftsperspektiven: Änderungen im Scheidungsrecht?
Das deutsche Scheidungsrecht ist darauf ausgelegt, einvernehmliche Lösungen zu fördern. In den kommenden Jahren könnte der Zugang zu einer einvernehmlichen Scheidung weiter vereinfacht werden, etwa durch digitale Verfahren oder eine bessere Unterstützung bei der Mediation. Auch die rechtliche Beratung im Vorfeld könnte durch staatliche Programme gefördert werden, um Streitigkeiten zu vermeiden.
Fazit und Handlungsempfehlungen
Die einvernehmliche Scheidung ist der schnellste, kostengünstigste und konfliktärmste Weg, eine Ehe zu beenden. Voraussetzung ist, dass sich die Ehepartner über die Scheidungsfolgen einig sind und das gesetzliche Trennungsjahr eingehalten wird. Mit einem erfahrenen Anwalt und einer sorgfältigen Vorbereitung lässt sich das Verfahren reibungslos abwickeln.
Zukünftig könnten digitale Verfahren und staatliche Förderungen die einvernehmliche Scheidung weiter erleichtern. Bis dahin bleibt es entscheidend, rechtzeitig alle offenen Fragen zu klären und gegebenenfalls anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.