Betriebsinternes Fußballspiel ist kein Arbeitsunfall – Entscheidung des BSG

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Hintergrund des Urteils

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 26.09.2024 (Az. B 2 U 14/22 R) entschieden, dass Verletzungen, die bei einem betriebsinternen Fußballspiel entstehen, nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden. Weder als Betriebssport noch als betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung oder Werbeveranstaltung sind solche Aktivitäten durch die gesetzliche Unfallversicherung gedeckt. Das Urteil stellt klar, dass die Kriterien für einen Arbeitsunfall eng auszulegen sind und auf die berufliche Tätigkeit beschränkt bleiben müssen.

Die rechtlichen Grundlagen

Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 SGB VII Unfälle, die infolge einer versicherten Tätigkeit eintreten. Eine versicherte Tätigkeit liegt vor, wenn der Unfall im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht und diese maßgeblich prägt.

Wichtige Kriterien für die Anerkennung als Arbeitsunfall:

  1. Versicherter Zweck: Die Tätigkeit muss unmittelbar der Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten oder dem Betrieb dienen.
  2. Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit: Ein direkter Bezug zwischen der ausgeübten Tätigkeit und dem Beruf ist erforderlich.
  3. Gemeinschaftsveranstaltungen: Diese können unter besonderen Voraussetzungen als Arbeitsunfall anerkannt werden, wenn sie vom Arbeitgeber organisiert und für die gesamte Belegschaft bestimmt sind.

Das BSG stellte fest, dass ein betriebsinternes Fußballspiel diesen Anforderungen nicht genügt.

Warum ist ein Fußballspiel kein Arbeitsunfall?

Das Gericht führte aus, dass das Fußballspiel:

  1. Kein Betriebssport war:
    Betriebssport wird anerkannt, wenn er regelmäßig stattfindet, von einer festen Gruppe betrieben wird und einen Ausgleich zur beruflichen Tätigkeit darstellt. Ein einmaliges oder sporadisches Fußballspiel erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
  2. Keine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung darstellte:
    Gemeinschaftsveranstaltungen sind durch den Arbeitgeber initiiert, finanziert und organisieren sich um das Ziel, den Zusammenhalt der Belegschaft zu fördern. Das Fußballspiel wurde im vorliegenden Fall jedoch privat organisiert und nicht durch den Arbeitgeber unterstützt.
  3. Keine Werbeveranstaltung war:
    Um als Werbeveranstaltung anerkannt zu werden, müsste das Spiel dem Zweck der Außendarstellung des Unternehmens dienen. Dies war hier nicht der Fall.

Details des Falls

Im vorliegenden Fall hatte ein Mitarbeiter während eines Fußballspiels, das von einigen Kollegen organisiert wurde, eine schwere Verletzung erlitten. Der Betroffene machte geltend, dass das Spiel im engen Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit stand und daher ein Arbeitsunfall vorliege.

Das BSG wies diese Argumentation zurück und erklärte, dass das Spiel eine rein private Freizeitaktivität ohne beruflichen Bezug war. Entscheidend war, dass der Arbeitgeber weder die Initiative ergriffen noch das Spiel unterstützt hatte.

Praktische Konsequenzen des Urteils

  1. Für Arbeitnehmer:
    • Verletzungen bei sportlichen Aktivitäten, die von Kollegen privat organisiert werden, fallen in der Regel nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
    • Arbeitnehmer sollten sich über die Grenzen des Unfallversicherungsschutzes bewusst sein.
  2. Für Arbeitgeber:
    • Um den Unfallversicherungsschutz bei Gemeinschaftsveranstaltungen zu gewährleisten, müssen diese offiziell organisiert und von der Unternehmensleitung unterstützt werden.
    • Es ist ratsam, klare Vorgaben für betriebliche Veranstaltungen zu schaffen, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.
  3. Für die gesetzliche Unfallversicherung:
    • Das Urteil verdeutlicht, dass die Kriterien für einen Arbeitsunfall eng auszulegen sind, um eine Ausweitung des Versicherungsschutzes auf rein private Aktivitäten zu verhindern.

Ähnliche Urteile

  1. BSG, Urteil vom 31.08.2017 (Az. B 2 U 8/16 R): Ein Betriebsfest war nur dann versichert, wenn es ausdrücklich von der Geschäftsleitung organisiert wurde.
  2. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 11.12.2019 (Az. L 6 U 123/18): Ein Sportunfall während eines Betriebssporttrainings wurde nicht als Arbeitsunfall anerkannt, da keine regelmäßige Teilnahme des Betroffenen vorlag.
  3. BSG, Urteil vom 23.06.2016 (Az. B 2 U 5/15 R): Ein Unfall auf dem Weg zu einem privaten Treffen mit Kollegen war kein Wegeunfall.

Kritik und Diskussion

Das Urteil des BSG zeigt eine strikte Auslegung der gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsunfall. Kritiker argumentieren, dass die betriebliche Gemeinschaft in einer modernen Arbeitswelt auch durch informelle Veranstaltungen gestärkt werden kann, die nicht explizit vom Arbeitgeber organisiert werden. Befürworter des Urteils betonen jedoch, dass eine zu weite Auslegung den Versicherungsschutz auf private Aktivitäten ausdehnen würde, was die gesetzliche Unfallversicherung überlasten könnte.

Fazit

Das Urteil des Bundessozialgerichts betont die Abgrenzung zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung. Ein betriebsinternes Fußballspiel, das weder als Betriebssport noch als betriebliche Veranstaltung vom Arbeitgeber organisiert wurde, erfüllt nicht die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten sich der rechtlichen Grenzen bewusst sein, um Missverständnisse zu vermeiden.

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