Das Arbeitszeugnis – Rechte, Pflichten und rechtliche Fallstricke

Datum:

Teilen Sie den Beitrag gerne:

Ein Arbeitszeugnis ist weit mehr als nur eine Formalität – es ist ein zentrales Dokument, das die berufliche Zukunft eines Arbeitnehmers maßgeblich beeinflussen kann. Doch welche rechtlichen Grundlagen gelten für das Arbeitszeugnis? Welche Inhalte darf es haben, und wie sollten Arbeitnehmer und Arbeitgeber mit Streitigkeiten umgehen? Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die Rechte und Pflichten rund um das Arbeitszeugnis und beleuchtet die aktuelle Rechtsprechung.

Was ist ein Arbeitszeugnis, und wer hat Anspruch darauf?

Das Arbeitszeugnis ist eine schriftliche Beurteilung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber. Es dient dem Nachweis der Tätigkeiten und Leistungen des Arbeitnehmers und stellt ein wichtiges Element bei der Bewerbung um neue Stellen dar. Nach § 109 Gewerbeordnung (GewO) hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Dies gilt unabhängig davon, ob das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, Aufhebungsvertrag oder Zeitablauf beendet wird.

Welche Arten von Arbeitszeugnissen gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen zwei Arten von Arbeitszeugnissen:

  1. Einfaches Arbeitszeugnis:
    Dieses Zeugnis beschränkt sich auf eine sachliche Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten und der Dauer des Arbeitsverhältnisses. Es enthält keine Bewertung der Leistungen oder des Verhaltens des Arbeitnehmers.
  2. Qualifiziertes Arbeitszeugnis:
    Dieses Zeugnis geht über die bloße Tätigkeitsbeschreibung hinaus und enthält eine Bewertung der Leistungen und des Sozialverhaltens. Es ist die gängigere Form und wird von Arbeitnehmern in der Regel bevorzugt.

Nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO kann der Arbeitnehmer ausdrücklich verlangen, dass ihm ein qualifiziertes Zeugnis ausgestellt wird.

Welche Inhalte muss ein Arbeitszeugnis enthalten?

Ein Arbeitszeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und darf keine unzulässigen Bemerkungen oder versteckte Hinweise enthalten, die dem Arbeitnehmer schaden könnten. Die folgenden Bestandteile sind üblich:

  • Überschrift: Klare Bezeichnung als Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnis.
  • Einleitung: Angaben zur Person des Arbeitnehmers, zur Position und zur Dauer des Arbeitsverhältnisses.
  • Tätigkeitsbeschreibung: Präzise und vollständige Beschreibung der ausgeübten Tätigkeiten.
  • Leistungsbeurteilung: Bewertung der Arbeitsleistung, der Fachkenntnisse und der Arbeitsergebnisse.
  • Verhaltensbeurteilung: Beschreibung des Sozialverhaltens gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden.
  • Schlussformel: Dank, Bedauern über das Ausscheiden und Wünsche für die Zukunft.

Wie wird die Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis verschlüsselt?

Arbeitszeugnisse enthalten oft wohlwollend formulierte Bewertungen, die bestimmte Noten verschlüsseln. Einige typische Formulierungen und ihre Bedeutung:

  • „Stets zur vollsten Zufriedenheit“ – Note 1 (sehr gut)
  • „Stets zur vollen Zufriedenheit“ – Note 2 (gut)
  • „Zur Zufriedenheit“ – Note 3 (befriedigend)
  • „Im Großen und Ganzen zufriedenstellend“ – Note 4 (ausreichend)
  • „Bemühte sich, die Aufgaben zu erfüllen“ – Note 5 (mangelhaft)

Arbeitnehmer sollten darauf achten, dass die Formulierungen ihrem tatsächlichen Leistungsniveau entsprechen. Ein vermeintlich neutral klingender Satz kann in der Praxis eine negative Bewertung sein.

Welche Rechte haben Arbeitnehmer bei Streitigkeiten über das Arbeitszeugnis?

Wenn ein Arbeitnehmer der Meinung ist, dass sein Arbeitszeugnis unvollständig, unzutreffend oder unfair ist, kann er auf eine Korrektur bestehen. Nach § 109 Abs. 2 GewO muss das Zeugnis „wahr“ und „wohlwollend“ sein. Folgende Schritte können Betroffene einleiten:

  1. Ansprache des Arbeitgebers:
    Arbeitnehmer sollten zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und auf die strittigen Punkte hinweisen.
  2. Schriftliche Beanstandung:
    Eine formelle schriftliche Aufforderung zur Berichtigung des Zeugnisses kann folgen. Dabei sollte konkret dargelegt werden, welche Passagen geändert werden sollen.
  3. Klage vor dem Arbeitsgericht:
    Wenn keine Einigung erzielt wird, kann der Arbeitnehmer innerhalb von drei Jahren nach Zeugniserstellung eine Klage einreichen. In der Regel wird eine Klage auf Berichtigung des Arbeitszeugnisses angestrebt.

Welche rechtlichen Fallstricke gibt es?

Das Arbeitszeugnis birgt zahlreiche rechtliche Fallstricke, sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer:

  1. Wahrheits- und Wohlwollenspflicht:
    Das Zeugnis muss einerseits der Wahrheit entsprechen und darf andererseits die berufliche Zukunft des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren. Verstöße können Schadensersatzansprüche nach § 280 BGB begründen.
  2. Verjährung:
    Der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis verjährt nach drei Jahren (§ 195 BGB). Arbeitnehmer sollten daher rechtzeitig aktiv werden.
  3. Versteckte Hinweise:
    Arbeitgeber dürfen keine versteckten Hinweise einfügen, die dem Arbeitnehmer schaden könnten. Solche unzulässigen Formulierungen können ebenfalls rechtlich angefochten werden.

Handlungsempfehlungen aus rechtlicher Sicht

Arbeitnehmer sollten ihr Arbeitszeugnis immer genau prüfen und sicherstellen, dass es der Wahrheit entspricht und keine versteckten negativen Botschaften enthält. Bei Unklarheiten oder Konflikten kann eine anwaltliche Beratung sinnvoll sein, um die Rechte des Arbeitnehmers durchzusetzen. Arbeitgeber sollten bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses darauf achten, alle rechtlichen Vorgaben zu erfüllen, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.

In der Zukunft könnten digitale Arbeitszeugnisse und automatisierte Bewertungsprozesse an Bedeutung gewinnen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten daher über technische Entwicklungen und ihre rechtlichen Auswirkungen informiert bleiben.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

spot_img

Letzte Artikel im Überblick:

Unser Rechtsblog der bwkasper Rechtsanwaltskanzlei – Ein digitales Informationszentrum für unsere Mandanten

Unser Rechtsblog der bwkasper Rechtsanwaltskanzlei – Ein digitales Informationszentrum für unsere Mandanten In einer Zeit, in der sich Gesetze...

Kein Recht auf Autofahren mit Gesichtsschleier – Verwaltungsgericht Berlin bestätigt Straßenverkehrsbehörde

Eine Muslimin darf weiterhin nicht mit Gesichtsschleier Auto fahren. Die 33-jährige Klägerin scheiterte mit ihrer Klage vor dem...

Keine Altersdiskriminierung bei Stellenanzeigen für Berufseinsteiger – Urteil des LAG Rheinland-Pfalz (Az. 5 SLa 81/24)

Die Frage der Altersdiskriminierung im Bewerbungsverfahren ist seit Jahren ein rechtlich sensibles Thema. Besonders Stellenanzeigen, die sich gezielt...

Schadensersatzansprüche gegen die SCHUFA – Wie Betroffene 2025 ihr Recht durchsetzen können

Die SCHUFA spielt eine zentrale Rolle im deutschen Finanzsystem und beeinflusst maßgeblich die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern und Unternehmen....
Cookie Consent mit Real Cookie Banner