Die Frage der Altersdiskriminierung im Bewerbungsverfahren ist seit Jahren ein rechtlich sensibles Thema. Besonders Stellenanzeigen, die sich gezielt an Berufseinsteiger oder Bewerber mit wenigen Jahren Berufserfahrung richten, sorgen immer wieder für juristische Auseinandersetzungen. Mit Urteil vom 05.12.2024 (Az. 5 SLa 81/24) hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz nun entschieden, dass die Formulierung „Du bist Berufseinsteiger oder besitzt bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ keine Altersdiskriminierung älterer Bewerber darstellt. Das Gericht änderte damit ein erstinstanzliches Urteil und wies die Klage eines abgelehnten Bewerbers ab.
Hintergrund des Falls
Ein 53-jähriger Bewerber hatte sich auf eine ausgeschriebene Stelle beworben, die sich an Berufseinsteiger oder Personen mit bis zu sechs Jahren Berufserfahrung richtete. Nachdem seine Bewerbung abgelehnt wurde, klagte er auf Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 15 AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz). Das Arbeitsgericht der ersten Instanz hatte der Klage zunächst stattgegeben und die Formulierung in der Stellenanzeige als mittelbare Altersdiskriminierung gewertet. Das Gericht begründete dies damit, dass ältere Bewerber, die in ihrem Leben bereits mehr als sechs Jahre gearbeitet haben, indirekt benachteiligt würden, selbst wenn sie den Anforderungen der Position fachlich entsprachen. Der Arbeitgeber legte Berufung ein – mit Erfolg.
Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz
Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hob das erstinstanzliche Urteil auf und entschied, dass die beanstandete Formulierung keine Altersdiskriminierung im Sinne des AGG darstellt.
Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Formulierung keinen unmittelbaren Altersbezug enthält. Sie bezieht sich nicht direkt auf das Alter der Bewerber, sondern ausschließlich auf deren Berufserfahrung. Berufseinsteiger können sowohl junge als auch ältere Personen sein, etwa nach einem späten Studium oder einer beruflichen Neuorientierung. Die Angabe „bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ ist kein Alterskriterium, sondern beschreibt eine Erfahrungsstufe, die unabhängig vom biologischen Alter erreicht werden kann.
Weiterhin erkannte das Gericht einen sachlichen Grund für die Begrenzung der Berufserfahrung. Arbeitgeber haben das Recht, gezielt Mitarbeiter mit einer bestimmten Berufserfahrung zu suchen, da sich der Umfang an Erfahrung auf die Einarbeitungszeit, die Gehaltsstruktur und die Teamdynamik auswirken kann. Gerade für Positionen mit Junior-Profilen ist es üblich und legitim, Bewerber mit einem spezifischen Erfahrungslevel zu adressieren.
Das Gericht sah zudem keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Eine mittelbare Benachteiligung wäre nur dann anzunehmen, wenn ältere Bewerber systematisch ausgeschlossen würden, weil sie nicht in die genannte Gruppe passen. Da es aber auch ältere Berufseinsteiger oder Menschen mit weniger als sechs Jahren Berufserfahrung gibt, liegt kein objektiver Ausschluss älterer Arbeitnehmer vor.
Das Gericht grenzte die Entscheidung zudem von früheren Urteilen zur Altersdiskriminierung ab. In früheren Fällen wurden Begriffe wie „junges Team“ oder „Junior-Position für dynamische Bewerber“ als altersdiskriminierend eingestuft, da sie implizit ein niedriges Alter voraussetzten. Im vorliegenden Fall wurde jedoch ausschließlich die Berufserfahrung als Kriterium genannt, was keinen direkten Rückschluss auf das Alter zulässt.
Bedeutung des Urteils für Arbeitgeber und Bewerber
Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz hat für die Praxis eine wichtige Signalwirkung. Arbeitgeber dürfen Stellenanzeigen gezielt auf bestimmte Erfahrungslevel zuschneiden, ohne dabei gegen das AGG zu verstoßen. Der Begriff „Berufseinsteiger“ ist nicht gleichzusetzen mit „junger Arbeitnehmer“, sondern beschreibt eine bestimmte Karrierestufe. Ältere Bewerber haben weiterhin Chancen, wenn sie trotz ihres Alters in das gewünschte Erfahrungslevel fallen, etwa durch einen Quereinstieg oder eine späte berufliche Neuorientierung.
Für Bewerber bedeutet dies, dass sie genau prüfen sollten, ob eine Ablehnung wirklich auf ihr Alter zurückzuführen ist oder ob es an anderen Faktoren liegt. Eine Klage auf Altersdiskriminierung hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn ein direkter Bezug zum Alter nachweisbar ist.
Fazit: Altersdiskriminierung muss konkret nachgewiesen werden
Mit der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz (Az. 5 SLa 81/24) wird klargestellt, dass die Formulierung „Du bist Berufseinsteiger oder besitzt bis ca. 6 Jahre Berufserfahrung“ keine unzulässige Altersdiskriminierung darstellt. Damit setzt das Gericht klare Grenzen für Diskriminierungsklagen im Bewerbungsverfahren: Nicht jede Einschränkung in Stellenanzeigen stellt automatisch eine Benachteiligung dar. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Formulierung tatsächlich das Alter anspricht oder lediglich eine bestimmte Qualifikationsstufe beschreibt.
Arbeitgeber haben somit mehr Sicherheit bei der Gestaltung ihrer Stellenanzeigen, solange sie sachlich begründete Kriterien wie Berufserfahrung und Qualifikation verwenden, ohne einen direkten Altersbezug herzustellen.