Bossing – Mobbing durch Vorgesetzte und die rechtlichen Konsequenzen

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Bossing ist eine besonders perfide Form des Mobbings, bei der gezielt Druck von Vorgesetzten auf Mitarbeiter ausgeübt wird. Betroffene leiden oft unter massiven psychischen und physischen Belastungen, die nicht nur ihre Arbeitsleistung, sondern auch ihre Gesundheit beeinträchtigen können. Doch welche rechtlichen Möglichkeiten haben Arbeitnehmer, sich gegen Bossing zu wehren? Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, zeigt konkrete Handlungsmöglichkeiten auf und gibt Arbeitgebern Hinweise, wie sie präventiv gegen Bossing vorgehen können.

Was ist Bossing?

Bossing bezeichnet systematisches Mobbing durch eine Führungskraft gegenüber einem oder mehreren untergeordneten Mitarbeitern. Dabei verfolgt der Vorgesetzte häufig das Ziel, den Betroffenen zur Eigenkündigung zu bewegen, indem er dessen Arbeitsbedingungen gezielt verschlechtert. Typische Verhaltensweisen beim Bossing sind:

  • Übermäßige Kritik an der Arbeitsleistung
  • Abwertung oder öffentliche Demütigung vor Kollegen
  • Isolierung des Mitarbeiters im Team
  • Entzug von Aufgaben oder Überhäufung mit unsinnigen Tätigkeiten
  • Drohungen oder Androhung von Kündigungen

Bossing unterscheidet sich von normalem Führungsverhalten durch die systematische und absichtliche Schädigung des Arbeitnehmers.

Welche rechtlichen Grundlagen gelten bei Bossing?

Es gibt keine spezifische gesetzliche Regelung, die Bossing explizit verbietet. Allerdings greifen verschiedene arbeits- und zivilrechtliche Vorschriften, die den Schutz von Arbeitnehmern gewährleisten:

  1. Allgemeines Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB):
    Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Würde und Ehre des Arbeitnehmers. Bossinghandlungen, die dieses Recht verletzen, können Schadensersatzansprüche begründen.
  2. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB):
    Arbeitgeber sind verpflichtet, die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Arbeitnehmer zu schützen. Diese Verpflichtung umfasst auch den Schutz vor psychischen Belastungen durch Bossing.
  3. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG):
    Liegt eine Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, Religion, Alter oder Behinderung vor, können Ansprüche nach dem AGG geltend gemacht werden.
  4. Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG):
    Das ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber, Maßnahmen gegen Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ergreifen, wozu auch der Schutz vor Bossing gehört.
  5. Kündigungsschutzgesetz (KSchG):
    Wird ein Arbeitnehmer aufgrund von Bossing gekündigt, kann die Kündigung unter Umständen als unwirksam angesehen werden, da sie sozial ungerechtfertigt ist.

Welche Rechte haben betroffene Arbeitnehmer?

Betroffene Arbeitnehmer können verschiedene rechtliche Ansprüche geltend machen, um sich gegen Bossing zu wehren:

  1. Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld:
    Arbeitnehmer können Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen, wenn sie nachweislich unter den Bossinghandlungen gelitten haben. Dies setzt voraus, dass das Fehlverhalten des Vorgesetzten nachgewiesen wird und ein kausaler Zusammenhang mit den gesundheitlichen oder beruflichen Schäden besteht.
  2. Unterlassungsanspruch:
    Arbeitnehmer können verlangen, dass die Bossinghandlungen eingestellt werden. Ein entsprechender Anspruch kann gerichtlich durch eine Unterlassungsklage durchgesetzt werden.
  3. Betriebsratsbeteiligung:
    Der Betriebsrat kann bei Konflikten als Vermittler eingeschaltet werden und auf eine Klärung hinarbeiten.
  4. Beschwerde beim Arbeitgeber:
    Nach § 13 Abs. 1 AGG hat der Arbeitnehmer das Recht, sich beim Arbeitgeber über unzumutbare Arbeitsbedingungen zu beschweren.
  5. Kündigungsschutzklage:
    Wird der Arbeitnehmer aufgrund von Bossing gekündigt, kann er innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreichen (§ 4 KSchG).

Wie können Bossinghandlungen nachgewiesen werden?

Der Nachweis von Bossing ist oft schwierig, da es sich um systematisches und oft verdecktes Fehlverhalten handelt. Folgende Maßnahmen können Betroffene ergreifen:

  • Dokumentation:
    Bossinghandlungen sollten detailliert dokumentiert werden, einschließlich Datum, Uhrzeit, Ort und Inhalt der Vorfälle. Schriftliche Beweise wie E-Mails, Anweisungen oder Zeugenberichte sind hilfreich.
  • Zeugen:
    Kollegen, die die Bossinghandlungen beobachtet haben, können als Zeugen benannt werden.
  • Ärztliche Atteste:
    Bei gesundheitlichen Folgen durch Bossing (z. B. Depressionen, Burnout) sollten ärztliche Atteste eingeholt werden, die den Zusammenhang mit den Vorfällen belegen.

Welche Maßnahmen sollten Arbeitgeber ergreifen?

Arbeitgeber tragen die Verantwortung, ein gesundes und diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen. Folgende Maßnahmen können dazu beitragen, Bossing vorzubeugen:

  1. Klare Führungsrichtlinien:
    Arbeitgeber sollten Verhaltensregeln für Führungskräfte aufstellen und deren Einhaltung überwachen.
  2. Schulungen und Fortbildungen:
    Führungskräfte sollten regelmäßig geschult werden, um ein respektvolles Führungsverhalten zu gewährleisten.
  3. Interne Anlaufstellen:
    Unternehmen sollten Anlaufstellen für Konfliktmanagement schaffen, bei denen sich Mitarbeiter anonym über Bossing beschweren können.
  4. Konsequenzen bei Fehlverhalten:
    Führungskräfte, die Bossing betreiben, sollten arbeitsrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dies kann bis zur Abmahnung oder Kündigung reichen.

Handlungsempfehlungen aus rechtlicher Sicht

Für betroffene Arbeitnehmer ist es entscheidend, frühzeitig aktiv zu werden und Bossinghandlungen nicht zu tolerieren. Eine lückenlose Dokumentation und das Einholen von rechtlicher Beratung sind dabei essenziell. Arbeitgeber sollten klare Strukturen schaffen, um Bossing vorzubeugen und Führungskräfte zu sensibilisieren.

In der Zukunft wird die Bedeutung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz weiter zunehmen. Arbeitgeber werden vermehrt in der Pflicht stehen, geeignete Präventionsmaßnahmen zu ergreifen, um Bossing zu verhindern. Arbeitnehmer sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und diese im Ernstfall konsequent einfordern.

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