Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernstes Problem, das nicht nur psychische und physische Belastungen für die Betroffenen mit sich bringt, sondern auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Oft stellt sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld besteht. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, stellt die aktuelle Rechtsprechung vor und gibt praktische Tipps, wie sich Betroffene gegen Mobbing wehren können.
Was versteht man unter Mobbing?
Der Begriff „Mobbing“ ist rechtlich nicht definiert, beschreibt aber ein systematisches, wiederholtes und gezieltes Fehlverhalten gegenüber einer Person, das deren Würde, Gesundheit oder berufliche Stellung beeinträchtigen soll. Dazu zählen Handlungen wie wiederholte Beleidigungen, Schikanen, Ausgrenzung oder die Verbreitung falscher Informationen. Entscheidend ist, dass es sich nicht um einen einmaligen Vorfall handelt, sondern um ein über einen längeren Zeitraum hinweg anhaltendes Verhalten.
Welche rechtlichen Grundlagen gelten für Schadensersatz wegen Mobbing?
Betroffene können sich auf verschiedene rechtliche Grundlagen berufen, um Schadensersatz geltend zu machen:
- Verletzung des Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB): Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein geschütztes Rechtsgut. Systematisches Mobbing kann als Verletzung dieses Rechts gewertet werden, wenn es die Würde oder Ehre der betroffenen Person beeinträchtigt.
- Verletzung arbeitsrechtlicher Schutzpflichten (§ 618 BGB): Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass keine Gefahren für die Gesundheit der Arbeitnehmer bestehen. Dies umfasst auch den Schutz vor psychischen Belastungen durch Mobbing.
- Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Das ArbSchG verpflichtet Arbeitgeber dazu, Maßnahmen gegen Gefährdungen am Arbeitsplatz zu ergreifen, wozu auch die Prävention von Mobbing zählt.
- AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz): Liegt eine Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht, Alter oder Religion vor, kann zusätzlich ein Verstoß gegen das AGG geltend gemacht werden.
Unter welchen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Schadensersatz?
Ein Anspruch auf Schadensersatz setzt voraus, dass die Mobbinghandlungen eine Rechtsverletzung darstellen und dem Täter oder dem Arbeitgeber ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Zusätzlich müssen folgende Punkte erfüllt sein:
- Rechtswidrigkeit: Die Handlungen müssen objektiv gegen die Rechte des Betroffenen verstoßen. Dies ist beispielsweise bei Beleidigungen, unwahren Behauptungen oder körperlichen Übergriffen der Fall.
- Schaden: Es muss ein nachweisbarer Schaden vorliegen, sei es in Form von Gesundheitsbeeinträchtigungen, psychischen Belastungen oder finanziellen Einbußen.
- Kausalität: Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Mobbinghandlungen und dem entstandenen Schaden bestehen. Dies erfordert oft ein ärztliches Attest oder Gutachten, das die psychischen oder physischen Folgen belegt.
Welche Ansprüche können Betroffene geltend machen?
Die Betroffenen können verschiedene Ansprüche erheben, die sich auf die jeweilige Situation beziehen:
- Schadensersatz: Hierzu gehören alle materiellen Schäden, etwa Heilbehandlungskosten, Therapiekosten oder Verdienstausfälle.
- Schmerzensgeld: Für die erlittenen psychischen und physischen Leiden kann Schmerzensgeld gefordert werden. Die Höhe orientiert sich an der Schwere der Beeinträchtigungen und der Dauer des Mobbings. Die Rechtsprechung spricht in besonders gravierenden Fällen Schmerzensgeldbeträge von bis zu 50.000 Euro zu (vgl. LAG Thüringen, Urteil vom 10.04.2001, Az. 5 Sa 403/00).
- Unterlassungsanspruch: Betroffene können verlangen, dass die Mobbinghandlungen eingestellt werden. Dies kann gerichtlich durch eine einstweilige Verfügung durchgesetzt werden.
Welche Rolle spielt der Arbeitgeber?
Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mitarbeitern. Er ist verpflichtet, Maßnahmen gegen Mobbing zu ergreifen, sobald er davon Kenntnis erlangt. Dies umfasst beispielsweise das Führen von Gesprächen, das Umsetzen von Konfliktlösungsstrategien oder das Ergreifen arbeitsrechtlicher Maßnahmen gegen die Täter.
Unterlässt der Arbeitgeber diese Schutzmaßnahmen, kann er selbst haftbar gemacht werden. Dies wurde vom Bundesarbeitsgericht in mehreren Entscheidungen bestätigt (BAG, Urteil vom 25.10.2007, Az. 8 AZR 593/06).
Wie können sich Betroffene gegen Mobbing wehren?
- Dokumentation: Betroffene sollten alle Vorfälle schriftlich festhalten, einschließlich Datum, Uhrzeit, Ort und beteiligten Personen. Dies dient als wichtiger Beweis im Streitfall.
- Gespräch mit dem Arbeitgeber: Zunächst sollte das Gespräch mit dem Vorgesetzten oder der Personalabteilung gesucht werden, um auf die Probleme aufmerksam zu machen.
- Einschaltung des Betriebsrats: Der Betriebsrat kann als Vermittler auftreten und auf eine Lösung hinwirken.
- Rechtliche Schritte: Wenn interne Maßnahmen erfolglos bleiben, können Betroffene rechtliche Schritte einleiten. Dies umfasst die Geltendmachung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen sowie die Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens.
Handlungsempfehlungen aus rechtlicher Sicht
Betroffene sollten frühzeitig handeln, um ihre Rechte zu wahren. Eine umfassende Dokumentation und der Gang zum Arzt sind dabei essenziell, um die gesundheitlichen Folgen des Mobbings zu belegen. Arbeitgeber sollten präventive Maßnahmen ergreifen, um ein gesundes Arbeitsklima zu fördern und Mobbing zu verhindern. Dies kann durch Schulungen, klare Verhaltensrichtlinien und eine offene Kommunikationskultur erreicht werden.
Zukünftig wird das Thema Mobbing voraussichtlich weiter an Bedeutung gewinnen, insbesondere im Zusammenhang mit digitalen Arbeitswelten und mobiler Kommunikation. Der Gesetzgeber könnte auf diese Entwicklungen reagieren und den rechtlichen Schutz Betroffener weiter ausbauen.