Hintergrund des Urteils
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass die Werbung für „Anti-Kater“-Tabletten, die als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden, unzulässig ist. Diese Entscheidung stützt sich auf die europäische Health-Claims-Verordnung (HCVO), die klare Regeln für gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln festlegt.
Das Gericht sah in der Bewerbung als „Anti-Kater“-Produkt eine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe, da sie suggeriert, das Mittel könne die negativen Auswirkungen des Alkoholkonsums lindern. Das Urteil unterstreicht die strengen Anforderungen an Werbeaussagen, die eine Wirkung auf die Gesundheit versprechen.
Was sind gesundheitsbezogene Angaben?
Gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nr. 5 HCVO sind gesundheitsbezogene Angaben solche, die einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einer seiner Zutaten und der Gesundheit herstellen. Solche Angaben sind nur erlaubt, wenn sie:
- von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) geprüft wurden,
- in die Liste zugelassener Angaben aufgenommen wurden.
Die Bewerbung von Produkten als „Anti-Kater“-Mittel fällt unter diese Definition, da sie eine konkrete gesundheitliche Verbesserung in Aussicht stellt – nämlich die Linderung von Katerbeschwerden wie Kopfschmerzen oder Übelkeit.
Das Urteil im Detail
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main stellte fest:
- Irreführung der Verbraucher: Die Werbung für ein „Anti-Kater“-Produkt suggeriert eine medizinische Wirkung, obwohl es sich lediglich um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt.
- Verstoß gegen die HCVO: Es existieren keine von der EFSA zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben, die eine Wirkung gegen Katerbeschwerden rechtfertigen könnten.
- Unzulässige Heilversprechen: Nahrungsergänzungsmittel dürfen keine Aussagen enthalten, die den Eindruck vermitteln, Krankheiten zu lindern, zu behandeln oder zu verhindern.
Praktische Konsequenzen für Unternehmen
Das Urteil hat weitreichende Folgen für die Vermarktung von Nahrungsergänzungsmitteln:
- Werbeaussagen streng prüfen: Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle gesundheitsbezogenen Angaben auf wissenschaftlich anerkannten und zugelassenen Aussagen basieren.
- Klares Wording in der Werbung: Begriffe wie „Anti-Kater“, „entgiftend“ oder „regenerierend“ sollten vermieden werden, wenn sie nicht durch entsprechende Zulassungen gedeckt sind.
- Erhöhte Haftungsrisiken: Unternehmen, die weiterhin irreführende Werbung schalten, riskieren Abmahnungen und gerichtliche Verfahren, wie es in diesem Fall geschehen ist.
Vergleichbare Fälle in der Rechtsprechung
Das Urteil reiht sich in eine Reihe strenger Entscheidungen zur Bewerbung von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln ein:
- OLG München (2019): Werbung für „entgiftende“ Tees wurde untersagt, da sie irreführend war und keine wissenschaftliche Grundlage hatte.
- EuGH (2012): Der Gerichtshof stellte klar, dass die HCVO darauf abzielt, Verbraucher vor unbewiesenen und irreführenden Gesundheitsversprechen zu schützen.
- BGH (2020): Die Bewerbung von „detox“-Produkten wurde untersagt, da der Begriff keine nachweisbare Wirkung beschreibt.
Kritik und offene Fragen
Während Verbraucherschützer das Urteil begrüßen, sehen einige Unternehmen die Regelungen der HCVO als zu restriktiv an. Sie argumentieren, dass die Bewerbung von Nahrungsergänzungsmitteln ohne gesundheitliche Hinweise kaum möglich sei. Auf der anderen Seite schützt die strikte Auslegung der Verordnung die Verbraucher vor unbegründeten Erwartungen und finanziellen Verlusten.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main setzt ein klares Signal: Werbung für Nahrungsergänzungsmittel muss streng reglementiert und wissenschaftlich fundiert sein. Der Begriff „Anti-Kater“ ist nicht nur irreführend, sondern verstößt gegen geltendes Recht. Unternehmen sollten ihre Werbestrategien entsprechend anpassen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Für Verbraucher bedeutet dies mehr Schutz und Transparenz im unübersichtlichen Markt der Nahrungsergänzungsmittel.